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Lubov Suka (GERMAN Kapitel 23)



Author: Dvizheniya
Genre: Romantic, Comedy, Drama

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Kapitel 23


Zum ersten Mal diesen Jahres konnte der Tennisverein, in welchem ihre Tochter schon seit Jahren Mitglied war, das Training auf dem großen Gelände trainieren. Gemeinsam mit Samir  saß Julia auf der Besuchertribüne und schauten unter freiem Himmel und Sonnenschein zu, wie Viktoria mit großem Eifer ihre Spielpartner auswegslos bezwang. Die Mutter war stolz auf ihren Sprößling und musste eingestehen, dass Viktoria weitaus besser war, als sie es je in ihrer Kindheit gewesen ist.
An diesem warmen Frühlingstag konnte die Sängerin erstmals wieder mit ihrer kleinen Familie entspannen. Die Kinder schenkten ihr immer wieder die nötige Ruhe zwischen den anstrengenden, mit Terminen ausgefüllten, Tagen.

Aufgrund der kräftezehrenden Zeit war Julia auch kurzzeitig gesundheitlich geschwächt und musste somit ihre bevorstehenden Konzerte in der Ukraine vorerst unweigerlich absagen. Trotz das die anhaltenden Kopf und Gliederschmerzen sie völlig ermüdeten, entschied sich Julia dennoch dafür, die Einladung für Alexej Mitrofanovs Geburtstagsfeier nicht abzusagen. Auf einer kleinen Bühne im noblen Restaurant 'Golden Palace' begrüßte sie, gemeinsam mit ihrer Freundin Mona und dem Sänger Iosif Kobzon, die zahlreichen Gäste und gratulierten dem Gastgeber mit wunderschönen alten russischen Volkslieder.
Auch wenn ihr Besuch von kurzer Dauer war, genoß die junge Frau die Feier und beendete den Abend mit ruhigen aufschlussreichen Unterhaltungen, da sie viele bekannte Gäste schon seit einigen Monaten nicht mehr gesehen hatte.

Die kommenden Tage verbrachte sie mit Elena Kiper mehrere Stunden im Musikstudio um dort ihren neuen Song 'Davai Zakrutim Zemlyu' aufzunehmen. Neben ihren unzähligen bereits aufgenommenen Demos wollte Julia endlich eine internationale Single veröffentlichen.
Vom bisherigen Ergebnis des Songs war sie begeistert und konnte es kaum erwarten, in wenigen Tagen den Song aufzuarbeiten um diesen schließlich für eine Veröffentlichung zu perfektionieren.
Die Sängerin erzählte, dass alle Aufnahmen bezüglich der Projekte mit Dima nun beendet ebenfalls waren. Da Kiper bislang das Ergebnis von 'Lubov Suka' noch nicht gehört hatte, präsentierte Julia den Song mit großem Stolz. Die Komponistin, welche einst den Song geschrieben hatte, war begeistert von der Endproduktion.

Aber auch Elena hatte gute Neuigkeiten bezüglich ihres gemeinsamen Freundes Ivan.
Sie teilte stolz mit, dass die Behandlungen im Krankenhaus große Fortschritte zeigten.
Nach einem anstrengenden Tag im Studio ließ es sich die Sängerin somit nicht entgehen, ihren ehemaligen Manager im naheliegenden Krankenhaus zu besuchen.
Julia war erfreut über die Tatsache, dass er sich schlussendlich doch dazu entschloss, professionelle ärztliche Hilfe aufzusuchen.

Um ihm etwas mehr Lebensmut zu schenken, fuhr sie Ivan mit einem Rollstuhl durch den am Krankenhaus angelegten Park.  Noch immer war er durch die Krankheit und den dazu nötigen Chemotherapien geschwächt. Während des Spaziergangs bekam Julia häufig das Gefühl, als sei er geistig abwesend. Wortlos starrte Ivan in Baumkronen, beobachtete die fliegenden Vögel am blauen Himmel und sah sich nachdenklich die unzähligen bunten Blumen am Wegesrand an. Doch seine Sinne waren auch auf Julias Stimme fokusiert.
Kaum unterbrach sie einen Satz, da sie davon ausging das er ihr gar nicht zuhörte, forderte Ivan sie sofort mit leiser Stimme und einem kurzen schwachen Handzeichen auf, weiter zu erzählen. Er konnte offensichtlich nicht genug davon bekommen wie sich ihre Kinder entwickelten. Vorzugsweise zeigte er mehr Interesse an Viktoria, indem er immer wieder während den Erzählungen lächeln musste. Ivan äußerte den Wunsch wieder unter gesunden Menschen zu sein. Er wollte nicht mehr in dem sterilen Krankenhaus bleiben was tagtäglich seine Stimmung bedrückte. Da er sich jedoch für den Verlust seiner Haare schämte, fuhr Julia nach dem Besuch in die Innenstadt Moskaus um ihm einen bunten Beanie zu kaufen.

Mit diesem Present überraschte die Sängerin ihn einen Tag später und es rührte sie beinahe zu Tränen wie er sich über diese kleine Aufmerksamkeit erfreute. Es schien als ob dies neue Kräfte ihn ihm mobilisierte. Julia bestärkte seinen neuen Lebensmut indem sie Ivan zu einem kleinen Café fuhr, welches zwar außerhalb des Geländes, jedoch gleich ans Krankenhaus grenzte. Dort spendiert sie ihm ein Vanilleeis mit einer extra Portion Sahne, frischen Erdbeeren und einem Schuss Schokoladensirup.
Aufgrund der erfreulichen Ereignisse des Tages und der erneuten Verbesserung von Ivans Gesundheitsbild lud sie Kiper an dem Abend zu sich nach Hause ein. Elena war begeistert und sprach ihre Dankbarkeit und auch Respekt aus, dass Julia sich Zeit für Ivan genommen hatte obwohl ihr selbst kaum eine ruhige Minute für ein Privatleben blieb.
Bis spät in die Nacht hinein plauderten die beiden Frauen über die Vergangenheit, t.A.T.u. und auch die Zukunft. Kiper sprühte wieder einmal for Kreativität und machte Vorschläge um Julias Solokarriere aktiv unterstützen zu können.
Ihre Euphorie steigerte sich so sehr, dass sie gleich mit Julias Videoclip für ihre internationalen Single weitermachen wollte. Da der Text in der neuen Single einen außerordentlichen Sexappeal hatte, strebte Julia nach einem Clip der den Inhalt etwas wiederspiegeln sollte. Das Video sollte jedoch nicht nur erotisch oder anstößig sein, sondern auch Humor mit sich bringen. Die Frauen hatten zahlreiche Ideen und nach zwei Stunden, hatten sie das passende Script zusammengefasst. Elena versprach die fehlenden Details zu Hause aufzuarbeiten und ihr das Ergebnis per eMail zukommen zu lassen.
Julia war schon jetzt von dem zusammengestellten Resultat des Abends völlig hingerissen. Mit der Zeit spürte sie vollkommene Freiheit ihres Soloprojekts. Es war ein ungewöhnliches aber zugleich umwerfendes Gefühl alleine entscheiden zu dürfen.

Nach Mitternacht verabschiedete sich Elena von ihrem Gastgeber. Sie bedankte sich für die Einladung und den köstlichen Rotwein mit den leckeren Snacks, welche Julia extra für den gemütlichen Abend vorbereitet hatte.
Die unzähligen neuen Pläne hatten zufolge das Julia nicht einschlafen konnte.  Hauptsächlich quälte sie der Gedanke, welch talentierte junge Frau sich für ihren neuen Videoclip eignete.
Mona war selbst gerade dabei ein Comeback im Musikgeschäft zu starten. Der Kontakt zu Lauren war nicht mehr intakt. Zumal hatte die ehemalige Kollegin aus ihrem ersten Videoclip 'All because of you' schon angekündigt, dass sie das Filmgeschäft verlassen möchte. Da die meisten Kontakte Geschäftsleute, Musiker oder Designer waren, hatte Julia es schwer zügig eine geeignete Person zu finden. Sie listete gedanklich ein dutzend Personen auf. Kaum jemand aus ihrem Bekanntenkreis hatte die Begabung für ein leicht anstößiges Video mitzuwirken. Die junge Frau hatte beinahe die Hoffnung aufgegeben, da fiel ihr Sascha Tityanko ein. Nach der Trennung von Parviz hatten sie gemeinsam einige Wochen in Los Angeles zusammen verbracht. Saschas unglaublich offene und positiv eingestellte Art hatte oft große Auswirkungen auf ihren Freundeskreis. Nächtelang hatte sie gefeiert. Bis in die frühen Morgen floß der Alkohol und die Stimmung. Nicht einmal für eine Sekunde sank die Stimmung. Während Julia sich mit einem Lächeln an die Zeit zurück erinnerte, nahm sie ihr iPhone und schrieb Tityanko eine Kurzmitteilung in der Hoffnung, dass sie ihr bei der Suche helfen wird.

Trotz der kurzen Nacht freute sich Julia am nächsten Morgen über die Antwort ihrer mehrjährigen Freundin. In der Mitteilung erinnerte Sascha an einen weiblichen Gast namens Alexandra; von der einst zwei tägigen Beachparty in Santa Monica die Julia ebenfalls besucht hatte. Julia brauchte nicht lange nachzudenken.
Alexandra stammte ebenfalls aus Russland. Zu diesem Zeitpunkt war sie gerade in Amerika angekommen und hatte sich nach ein paar Wochen dazu entschlossen, dort wohnen zu bleiben um ihre Chancen auf eine gute Schauspielschule zu verbessern. Julia hatte die junge Frau noch in Erinnerung, da sie anfänglich die schüchternste Person in der Truppe war.
Nach einigen Cocktails entpuppte sie sich jedoch zu einem wahren Partytier, welches nicht aufhören konnte zur Musik zu tanzen. Sie war eine äußerst symphatisch, liebevoll und hinzu sehr talentiert.
In einer weiteren Nachricht teilte Sascha mit, dass Alexandra derzeit sogar in Moskau sei. Anbei hinterließ sie die Nummer damit Julia Kontakt aufnehmen konnte. Die Sängerin konnte ihre Dankbarkeit kaum in Worte fassen.

Kaum hatte sie in der Küche den Frühstückstisch gedeckte, hörte sie das Öffnen der Haustüre. Es dauerte keine fünf Sekunden, da hörte sie das laute Poltern ihrer Kinder wie sie geradewegs durch die Wohnung liefen um ihre Mutter begrüßen zu können. Mit offenen Armen empfang die zweifache Mutter ihre Sprößlinge. Auch Viva kratzte vorsichtig voller Aufregung mit ihren Vorderpfoten an ihrem Bein um Streicheleinheiten zu bekommen.

"Hallo Marina", lächelte Julia und nahm das Kindermädchen ebenfalls in die Arme.

"Julia, du hast ja schon Frühstück vorbereitet!", stellte die Dame mit Erstaunen fest als sie über den gedeckten Tisch sah.

Die junge Mutter kniff vergnügt ihre Augen zusammen und nickte.  Julia bedauerte das Marina leider nicht bleiben konnte, da sie kurzfristig einen Arzttermin wahrnehmen musste.

"Ist schon ok. Ich bin ja heute zu Hause und gleich wird uns Dima noch Gesellschaft leisten."

Samir hatte den Namen des Sängers rasch aufgegriffen.

"Dima??", fragte der kleine Junge überrascht.

Mit einem Strahlen in den Augen hielt er die Cornflakes Packung in seiner Hand während er diese Cornflakes gerade in seine Schüssel kippen wollte. Julia nickt und biß sich auf die Lippen, da dies ursprünglich eine Überraschung werden sollte.

"Ohh cool!", rief Samir und bemerkte nicht das er mittlerweile deutlich zuviel Cornflakes in der Schüssel hatte.
Als er in den skeptischen und zugleich entsetzten Blick seiner großen Schwester auf die vielen Cornflakes sah, hielt er kurz inne.

"Du bist echt eklig!", sagte Vika und rümpfte ihre Nase als Samir mit den bloßen Händen die überschüssigen Cornflakes zurück in die Packung beförderte.

Nachdem sich Marina von der kleinen Familie verabschiedet hatte, setzte sich Julia an den Tisch. Als sie Milch über ihren Müsli schütten wollte, bemerkte sie das die Packung leer war. Darauffolgend kamen schuldvolle Blicke ihrer Kinder die großzügig ihre Cornflakes in Milch getunkt hatten. Gerade als Julia aufstehen wollte um eine neue Packung aus dem Kühlschrank zu holen, wurde sie von ihrer Tochter aufgeklärt das keine Milch mehr da sei.
Im gleichen Moment zog Samir die Schüssel zu sich. Mit Hingabe goß er etwas in den Müsli seiner Mutter und schob mit einem aufgeschlossenem Lächeln die Schüssel zurück.
Auch wenn die in Zucker getränkte weiße Flüßigkeit nicht zu ihrem Frühstück passte, war Julia gerührt von der liebevolle Aufmerksamkeit ihres Sohnes und fuhr sie schließlich mit den Fingern über seine Wange.

"Danke mein Schatz!", sagte sie voller Stolz.

Bei der Vorstellung welch fürsorglicher Ehemann und Familienvater er einmal werden könnte, schlug ihr Herz gleich höher.
Nachdem Frühstück deckten sie gemeinsam den Tisch ab. Die Kinder verschwanden fluchtartig im Wohnzimmer als Julia ihnen erlaubte mit der Playstation spielen  während sie ein heißes Bad nahm.

Da es sehr riskant war die beiden mit der Playstation alleine zu lassen, da die kleinste Unstimmigkeit zu einem Streit führen konnte, beeilte sich die junge Mutter.
Nur mit einem Badehandtuch um den Körper gewickelt tapste sie mit barfuß durch die Wohnung um kurz nach den Kindern zu schauen. Nichtsahnend betrat sie das Wohnzimmer und erblasste als Dima gemeinsam mit den beiden vor dem Fernseh saß und mitspielte.

"Ich habe ihn reingelassen!", grinste Vika frech und war sichtlich glücklich über den neuen dritten Spieler.

Dima vergaß das aufregende Rollenspiel als er die, nur in dem Handtuch eingehüllte, junge Frau sah. Während die Kinder in dem Spiel vertieft waren, starrte er völlig abwesend auf die feinen Tropfen die wiederholt von den dunklen Haarspitzen auf das zarte Dekolté perlten und dort, wie Eis in der Sonne, auf der warmen förmlich Haut auflösten.

"Hi!", begrüßte Julia ihren Gast mit einem Lächeln und einer ungewohnten Zurückhaltung.

"Hey...", antwortete Dima. Derweil wanderte sein Blick ein letztes Mal an ihrem Körper auf und ab bis ein nekisches Grinsen zu sehen war.
"Ich bin gleich wieder da. Ich ziehe mich nur schnell um.", sagte die junge Frau und deutete mit dem Zeigefinger zum Schlafzimmer.

Er nickte und widmete sich wieder der Spielekonsole. Da der Moskauer Frühling sich allmählich näherte, schlüpfte Julia in ein himmelblaues Adidas Shirt mit der dazu passenden Sporthose. Nachdem sie in den letzten Wochen sehr oft enge Kleidung trug, entschied sich die Sängerin für lockere sportliche Kleidung und ihren schwarzen Nike Air Max.
Im Anschluss nahm sie ihre Geldbörse aus der Handtasche welche an der Garderobe im Flur stand und ging zurück ins Wohnzimmer. Unterdessen prüfte Julia ob sie noch das nötige Kleingeld hatte um ein paar Vorräte im Supermarkt zu besorgen und leinte ihre Hündin an.

"Ich muss in den Supermarkt. Wir haben keine Milch mehr. Passt du einen kurzen Moment auf die Kinder auf?", fragte Julia mit einem engelsgleichen Gesichtsausdruck. Dima und die Kinder sahen sich an und sie nickten einstimmig.
Bei diesem Anblick lächelte Julia zufrieden und bedankte sich warmherzig. Bevor sie jedoch das Haus verließ, gab sie ihren Kindern einen Kuss auf die Stirn. Die junge Mutter wollte sich geradewegs zur Haustüre machen da setzte Dima einen Schmollmund auf, streckte mit eindeutiger Geste sein Gesicht nach vorne und bettelte mit traurigem Blick ebenfalls nach einem Abschiedskuss.
Nicht nur Julia, auch die Kinder lachten über seine einzigartige Mimik. Mit erröteten Wangen beugte sie sich hinab und küsste auch seine Stirn.

"Ich bin gleich wieder da...", flüsterte die Brünette und strich mit der Hand durch Dimas samtweiches Haar.

Die Erwachsenen lächelten sich mit eindeutiger Körpersprache an bevor die zweifache Mutter schließlich die Wohnung verließ. Mit eiligen Schritten hastete sie die Treppen hinunter. Als sie die Haustüre öffnete, nahm Julia gleich eine warme wohltuende Frühlingsbrise war. Sie nahm einen tiefen Atemzug der blühenden Blumen welche auf kleinen Grünflächen am Bürgersteig angelegt waren und somit der Strasse eine freundliche Atmosphäre schenkten. Durch den naheliegenden Park vergrößerte sie den Weg zum Supermarkt, damit auch Viva dort ein paar Runden auf der großen Wiese laufen konnte.

Am Eingang leinte sie ihre Hündin an und eilte durch die Korridore des kleinen Marktes und suchte nach den Kleinigkeiten, welche sie zu Hause dringend benötigte. Neben der Milch, Hundekeksen und Cerealien konnte es sich die Sängerin nicht verkneifen eine große Schachtel Pralinen mitzunehmen. Nach der Bezahlung machte sich Julia mit der vollgepackten Einkaufstüte und ihrem Hund wieder zurück nach Hause.

Als sie die Haustüre schloss, hielt die junge Frau einen Moment inne. Es herrschte eine ungewohnte Ruhe in der Wohnung. Aus der Küche war deutlich ihre Tochter zu hören, welche vergnügt mit den mageren Englischkenntnissen ein Lied von Lady Gaga trällerte. Bevor sie den Klängen ihrer Tochter folgte, leinte sie Viva ab. Julia stand schließlich völlig entgeistert im Türrahmen.

Ihr Blick flog flüchtig durch die verschmutzte Küche. Mehl war sichtlich in jeder Ecke. Vom Boden bis in über die komplette Arbeitsfläche. Auch die Kleidung ihrer Tochter war förmlich mit Teig und Mehl  dekoriert. Bei dem entsetzten Gesichtsausdruck ihrer Mutter erklärte Viktoria voller Stolz, dass sie gerade Pizza vorbereitet. Als Julia den klumpigen Hefeteig sah, wollte sie sich nicht vorstellen wie hart der Teig werden würde, wenn dieser einmal eine Weile im Ofen war.

Um Viktoria jedoch den Mut zum Kochen nicht zu nehmen, setzte Julia ein optimistischen Lächeln auf obgleich sie von dieser Idee überrascht war. Das kleine Mädchen hatte sich zuvor nicht einmal Ansatzweise für Kochen interessiert. Viktoria drückte einen Hefeball nach dem anderen auf das schwarze Blech bis dieses gänzlich mit dem Teig in unterschiedlicher Dicke bedeckt war. Auch wenn Julia völlig fasziniert davon war, wollte sie wissen woher dieser plötzliche Sinneswandel kam. In ihrer Frohmut erklärte sie, dass Dima den Teig mit ihr vorbereitet hatte und sie nun die Pizza nach Belieben belegen dürfte.
Bei dem Namen des Sängers runzelte Julia die Stirn und fragte nach Samir. Eine böse Vorahnung schwebte der jungen Mutter vor wenn sie ihre Tochter schon in einer aus Mehl eingehüllten Küche vorfand. Sie wollte sich gar nicht vorstellen was Dima in der kurzen Zeit mit dem kleinen Jungen angestellt hatte. Viktoria deutete mit dem in klebrigen Teig eingehüllten Zeigefinger zum Badezimmer.

Je näher sie sich dem Bad näherte umso deutlicher vernahm sie die Stimme ihres Sohnes.
Ein letztes Mal nahm Julia tief Luft bevor sie die angelehnte Tür öffnete. Was sie dort sah, bestätigte das selbst ihre widersinnigste Vorstellung nicht annähernd der Realität gleichzusetzen war.
Die beiden Männer standen mit nackten Oberkörper vor dem Spiegel. Samir stand auf seinem Plastikhocker damit er ebenfalls in den Spiegel schauen konnte. Seine Haare waren gänzlich mit zu hoch dosiertem Haargel gestylt. Nicht nur an Dima selbst oder auf dem Boden, auch an den Armen und Gesicht des kleinen Jungen klebte überschüssiger Rasierschaum.

"Mama, Dima hat mir gezeigt wie man sich rasiert!", erzählte Samir stolz und setzte den Rasierer an seinem weichen Gesicht an um seine neue Lektion zu demonstrieren.
Als die junge Mutter einen Rasierer in den ebenfalls von Rasierschaum bedeckten kleinen Händen sah, schrie sie besorgt los.

"Oh Gott, du wirst dich noch schneiden!!"

Dabei machte sie einen riesen Schritt auf ihren Sohn zu und riß förmlich den Rasierer an sich. Samir und Dima blickten sich entgeistert an. Als die junge Mutter bemerkte das eine Schutzkappe auf der scharfen Klinge war, nahm sie erleichtert tief Luft.

"Keine Sorge! Ich passe schon auf!", prustete Dima laut los und auch Samir kicherte über den garstigen Blick seiner Mutter.
Julia gab ihrem Sohn zögernd den Rasierer zurück. Mit Begeisterung setzte Samir rasch den Rasierer wieder an das Gesicht um zog den weißen Schaum, wie ein erwachsener Mann von seiner Haut. Stolz war in seinen Augen geschrieben als er mit einem breiten Lächeln zu Dima hinaufblickte. Auch wenn der Schock noch in den Knochen steckte, wollte Julia die beiden nicht weiter stören. Gerade jetzt wo ein Mann an ihrer Seite fehlte, war es umso wichtiger das Samir die Möglichkeit bekam, männerspezifische Dinge auszuprobieren.

Die Mutter ging zurück in die Küche. Zwischenzeitlich war auch schon die Pizza im Ofen. Mit reichlich Spülmittel und Wasser versuchte Viktoria den restlichen Teig auf der Arbeitsplatte einzuweichen um diesen am Ende leichter abkratzen zu können. Als Julia helfen wollte, winkte der Blondschopf ab.

"Ich mach' das schon!", sagte Viktoria bestimmend und war eifrig dabei die Küche wieder sauber zu bekommen.

Dennoch war Julia überrascht von der plötzlichen Selbstständigkeit ihres Sprößlings.
Die Brünette stellte die Milch in den Kühlschrank und die restlichen Einkäufe kamen in den großen Schrank. Beim lauten Knistern der Verpackung kam Viva gleich neugierig in die Küche. Die kleine Rute wedelte aufgeregt und die Hündin verfolgte jede Bewegung ihres Frauchens. Julia konnte dem Blick ihres Vierbeiners nicht widerstehen. Sie öffnete die Packung und Viva bekam zwei Hundekekse.

"Guten Appetit!", sagte Julia und strich über den kleinen Kopf des Hundes.

Glückselig tapste Viva mit vollem Mund zurück auf ihre Decke.

Julia nahm sich ein Glas Wasser, setzte sich an den Tisch und beobachtete wie das kleine Mädchen arbeitsfreudig in der Küche umherwirbelte. Auch die Jungs kamen wenig später aus dem Badezimmer. Aufgrund des auffallend starken Geruch von Aftershave welchen sie mit sich zogen rümpften die Frauen gleich ihre Nase.

"Das ist ja widerlich!", meckerte Viktoria gleich los und scheuerte das Handtuch mit voller Kraft über die Küchenablage.
Ihr kleiner Bruder war hingegen stolz über den maskulinen Duft. Julia musste lachen als er vorsichtig mit beiden Händen auf seine roten Wangen schlug. Die Mutter lehnte sich nach vorne und wollte mit den Händen durch die Haare ihres Sohnes fahren. Das Gel hatte allerdings das Haar so hart gemacht, dass dies unmöglich war.
Mit einem leisen Seufzen lehnte sich Julia wieder zurück und blickte ungläubig zu Dima. Unschuldig zuckte er mit der Schulter und wollte sich sofort rausreden.

"Er wollte unbedingt soviel Gel in seinen Haaren haben. Das war nicht meine Idee!", erklärte er mit einem Schmunzeln.

Julia blieb schweigsam und zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Der junge Mann räusperte sich und stand auf.

"Ich schau' dann mal ob die Pizza fertig ist!" 

Viktoria folgte ihm unverzüglich und wollte selbst einen Blick auf ihre erste Pizza werfen. Nach einer kurzen Begutachtung des Essen, blickten sich beide zaghaft an.

"Ich glaube die ist fertig...", murmelte der Blondschopf und sah nochmals auf den flachen goldbraunen Teig.

Auch wenn Dima eine Vorahnung hatte wie die Pizza schmecken würde, wollte er dem Mädchen nicht den Mut nehmen. Somit servierte er mit seinem üblichen Humor das Essen. Der Teig war steinhart und schon das Anschneiden erwies sich als schwierig. Als jeder ein Stück Pizza auf seinem Teller hatte, warf jeder einen Blick zum anderen. Dima war der erste der herzhaft in sein Stück biß.
Bei dem lauten Knuspern bekam man vielmehr das Gefühl das er in einen Keks hinein gebißen hätte. Julia nahm tief Luft und zwang sich nun ebenfalls dazu die harte Pizza zu kosten. Samir war zwischenzeitlich dabei mit einer Gabel nur den Belag herunter zu kratzen.

"Ihr könnt ruhig sagen wenn es nicht schmeckt...", sagte Viktoria und verzog selbst etwas das Gesicht als auf die Pizza in ihrer Hand blickte.

"Ja gut, dann gehen wir eben etwas irgendwo essen!", fügte Samir frech hinzu und schob provokativ den Teller in die Mitte des Tisches.

Julia und Dima sahen sich fragend an. Einen kurzen Moment hielten sie inne. Als wäre Viktorias Aussage eine Erleichterung für alle Beteiligten gewesen, stieß Dima laut seinen Atem aus und legte die Pizza zurück auf den Teller.

"Genau, das werden wir machen! Das ist nicht schlimm, Viktoria. Deine Mutter kann ja auch nicht kochen."

Bei der Aussage mussten die Kinder lachen. Julias Augen wurden größer und ihr Mund stand vor Entsetzen offen. Im gleichen Moment tratt sie unter dem Tisch gegen Dimas Knie.

"Nichts für ungut...", gackerte er verspielt und zwinkerte der jungen Frau ein Auge zu.

Die Kinder sprangen auf und rannten beschwingt in den Flur um sich die Schuhe anzuziehen.
Samir rief Dima zu sich und äußerte den Wunsch, dass er ihm die Schuhe zu binden solle. Nicht nur Dima, auch Julia war gerührt von der Warmherzigkeit des kleinen Jungen. Innerhalb kurzer Zeit vergötterte er den Sänger und suchte förmlich in jeder Sekunde seine Nähe. Samir war sichtlich fasziniert von Dimas lebensfroher Art und der jugendlichen Ausstrahlung.
Nachdem Julia den Tisch abgedeckt hatte, betrat sie den Flur und ein breites Grinsen breitete sich in ihrem Gesicht aus als sie sah wie Samir völlig glücklich auf Dimas Schultern saß.

Viktoria hingegen durchwühlte noch immer den Schuhschrank und konnte sich zwischen den blauen und roten Sneakers nicht entscheiden. Blitzartig drehte sie sich um und fragte ihre Mutter, ob sie mit ihren Inline skates fahren dürfte. Offensichtlich hatte ihre Tochter die plötzlichen Gedankensprünge von ihr geerbt. Julia nickte und überlegte indessen ob sie selbst nicht auch mit ihren Inliner fahren sollte. Die beiden Jungs sahen den Frauen verblüfft zu wie sie ihre Skates befreiten, welche in dem Schrank mit unzähligen Schuhen überdeckt waren.
Als sie ihre Skates angezogen hatten, umschlangen beide jeweils einen Arm des jungen Mannes.

"Wie gut das ich zwei Arme habe!", sagte Dima als er völlg überrascht beide Damen an seiner Seite hatte.

Tochter und Mutter sahen mit einem breiten Lächeln zu ihm hinauf.
Für ihn war dieser Moment unbeschreiblich. Zum ersten Mal in seinem Leben war er Mitten in einer Familie. Eine Familie zu welcher er eigentlich nicht gehörte. Die Offenheit und die grenzenlose Liebe schenkte ihm jedoch das Gefühl ein Teil von ihnen sein zu dürfen. Sobald er in Julias strahlende Augen blickte wußte Dima, das er mehr war als nur ein Kollege oder eine heimlische Affäre.
Die Kinder liebten seine Anwesenheit und scheuten keinen Körperkontakt. Auch wenn er sich selbst keine Familie gründen wollte, hatte sich der junge Mann schon oft vorgestellt wie es wäre ein Vater zu sein. Viktoria und Samir mobilisierten förmlich seine Vorstellung einer eigenen Familie.

Als Julia die Tür schloss, hakte sie sich sofort wieder um Dimas Arm. Während er zum Aufzug marschierte, ließen sich die Frauen von ihm ziehen. Viktoria drückte auf den Knopf und nach wenigen Sekunden öffnete sich die Tür. Kaum waren sie im Aufzug herrschte Stille. Während das laute Gepolter der Skates noch immer durch das ganze Haus schallte, sahen sich alle Beteiligten schweigend an. Der kurze Moment der ungewohnten Stille wurde schließlich mit einem lauten Gelächter gebrochen.
Besonders als Dima das laute Knallen der Skates mit urkomischen Tönen nacheiferte konnte man die junge Familie bis ins letzte Stockwerk hören.

Im Erdgeschoss angekommen, nahm Julia die Hand ihrer Tochter worauf sie gemeinsam durch die Tür nach draußen fuhren. Die beiden Jungs hingegen ließen sich Zeit. Auf dem Weg zum Park versuchte Samir immer wieder nach den Blätter von tief hängenden Ästen der Bäume zu greifen. Indessen half ihm Dima worauf er sich auf Zehenspitzen stellte und dabei so groß wie nur möglich machte.
Nachdem der kleine Junge ein paar Blätter und Äste ergattert hatte, wollte Dima wissen ob er in der Nähe Lokal kennen würde, indem man etwas zu Essen kaufen könnte. Stolz nickte Samir.

"Ja! Kroshka Kartoshka!", antwortete er selbstüberzeugend worauf Dima kurz über den Namen lachen musste.

Da Julia mit ihrer Tochter abseits mit den Skates um die Wette fuhr, rief er mit voller Kraft ihren Namen. Als die Brünette sich umdrehte, gab er ihr ein Handzeichen und teilte in voller Lautstärke mit, dass sie gleich wieder zurück. Julia antwortete mit aufgerichtetem Daumen und widmete sich unverzüglich wieder dem Wettrennen mit der Siebenjährigen.
Etwa fünf Minuten Fußweg war das kleine Restaurant entfernt. Dima blieb vor dem Tresen stehen und laß auf einer Anzeigetafel die große Auswahl an Speisen.

"Was möchtest du Essen?", fragte er Samir.

Der Junge überlegte einen kurzen Moment und entschied sich für ein Sandwich mit Schinken und Käse. Dima grinste und stimmte überein.

"Das nehme ich auch. Und für Mama ein Sandwich mit Hähnchenbrust?" 

Samir nickte eifrig. "Ja!"

"Und was nehmen wir für deine Schwester?", wollte er wissen.

Erneut grübelte Samir und deutete mit dem Zeigefinger auf die Tafel. Da der Fünfährige noch nicht lesen konnte und sein Hinweis mit dem Finger sehr undeutlich war, laß Dima die Auswahl der Menüs vor bis er bei der kleinen Rindfleischrolle laut 'Stop!' rief.
Die Bedienung packte das bestellte Essen in zwei Papiertüten ein und gab noch eine 0,5 Liter Cola Gratis dazu.
Nach der Bezahlung griff Samir um Dimas Hals um etwas Halt zu bekommen, da er mit seiner freien Hand nach einer Tüte greifen wollte. Der junge Mann überreichte ihm die Schinken Käse Sandwiches, während er die Menüs der beiden Frauen trug.
In Anbetracht das der Junge nur noch eine Hand frei hatte um sich festhalten zu können, wollte der Sänger wissen ob er genügend Halt auf seiner Schulter hatte. Er war besorgt das er von seiner Schulter rutschen könnte. Samir lehnte daraufhin seinen Oberkörper sanft an Dimas Hinterkopf während sich die kleine Hand noch fester an den Brustkorb klammerte. Der andere Arm hing dabei, samt des Menüs in der Hand, locker über der Schulter.

"Ist das bequem so? Willst du lieber laufen?"

Samir schüttelte etwas den Kopf und flüsterte gleich an Dimas Ohr ein leises 'Nein'. 
Während sie durch die Strasse schlenderten, entdeckten sie gleich am Parkrand eine Wiese wo die ersten Krokusblumen blühten. Samir war begeistert von der Farbenpracht. Sie zierten den grünen Platz mit ihrer bunten Vielfalt. Dima wollte es dem Jungen nicht vorenthalten ein paar der wunderschönen Blumen zu pflücken. Kaum hatte er ihn abgesetzt, lief Samir prompt zu den größten Blumen die er gesichtet hatte. Der Sänger war begeistert von der Zusammenstellung des kleinen ansehnlichen Bouquets welches der Junge zusammenstellte. Es war eine perfekte Mischund aus orangenen, weißen und lavendelfarbenden Blüten. Voller Stolz präsentierte Samir seine Errungenschaft und überreichte Dima seinen selbstgemachten Blumenstrauß.

"Die kannst du Mama schenken!", grinste der Junge und rümpfte dabei frech seine Nase.

Dima war völlig sprachlos über diese überraschende Aufmerksamkeit, wollte jedoch das Angebot ablehnen.

"Da du die Blumen gepflückt hast, darfst du sie auch deiner Mutter schenken!"

Samir schüttelte seinen Kopf und streckte ihm fordernd das Bouquet entgegen. Der junge Mann war gerührt und ließ sich somit überreden. Infolgedessen nahm er dankend die Blumen an sich, worauf er kurz über das zarte Gesicht des Kindes strich. Anschließend kniete er sich wieder nach unten, damit Samir wieder auf seine Schulter klettern konnte.
Während sie vollgepackt zurück in den Park gingen, dachte Dima über die unerwartete Warmherzigkeit nach. Womöglich hatte es für Samir einen sehr emotionalen Hintergrund.
Es war eine ehrliche Gunst eines kleinen Jungen und auch möglicherweise der innere Wunsch nach einem intakten Familieleben. Einen kurzen Moment erinnerte sich Dima an die beiden Trennungungen von seinem leiblichen Vater Parviz und auch an die mit Vladim. Die Vorstellung an das, was der Kleine in seinem bisherigen Leben mitbekommen hatte, war für Dima herzergreifend. Der Umstände entsprechend lag es nah, dass Samir in ihm einen neuen Vater sah. Umso schwieriger sollte es werden dem Kind schonend die Wahrheit zu sagen, bevor er sich zu viel Hoffnung machen wird.



Julia und Viktoria fuhren noch immer eifrig mit ihren Skates durch den Park bis sie die Jungs von weitem entdeckten. Ein letztes Mal wollten sie um die Wette fahren und kamen in hoher Geschwindigkeit auf die beiden zu. Als Julia vor ihnen anhielt, lobte Dima nicht nur ihre Kondition, sondern auch den Sieg. Die junge Frau schmunzelte stolz. Viktoria kam wenige Sekunden später hinzu und wurde von ihrer Mutter mit lautem Gekicher abgefangen.
Dima kniete sich hinunter damit Samir wieder von seiner Schulter rutschen konnte. Anschließend überreichte er Viktoria die Menüs und streckte Julia das unerwartete Präsent entgegen. Zunächst sah sie erstaunt auf die frisch gepflückten bunten Blumen. Ein ein wechselnder inspizierender Blick zu den beiden Jungs folgte. Samirs funkelnden Augen verrieten geradezu das Geheimnis hinter dem natürlichen Blumenstrauß. Julia ahnte insgeheim das ihr Sohn daran beteiligt war. Wenn er jemanden mit einem Geschenk eine Freude machen wollte, zeigten seine Blicke mehr als tausend Worte.
Mit einem weiten Grinsen bedankte sich Julia schließlich, zwinkerte Dima ein Auge zu und fuhr mit der Hand über Samirs Kopf.

Auf einer Parkbank machten sie eine Pause und verspeisten die leckeren Sandwiches. Mit den restlichen Brotkrümel fütterten sie die Tauben welche sich nach und nach vor ihren Füßen versammelt hatten. Indessen brachte Dima die junge Familie zum Lachen indem er den Frühlingsgesang der Vögel, welche sich in den Baumkronen versammelten, in urkomischen Tönen nachträllerte.
Ein plötzlich aufkommender Regenschauer zwang sie jedoch den traumhaften Nachmittag im Park zu unterbrechen und auf schnellstem Weg wieder nach Hause zu gehen. Da Samir noch nicht so schnell laufen konnte, nahm Dima ihn eilends auf den Arm. Die zuerst bedeutungslosen Regentropfen entwickelten rasch zu einem rasanten Platzregen. Dennoch war niemand verärgert über die abrupte Wetterveränderung. Als sie durch die Haustüre stürmten war erneut das laute Gelächter im ganzen Haus zu hören. Mit durchnässter Kleidung betraten sie die Wohnung. Julia und ihre Tochter zogen rasch die Skates aus. In der Zwischenzeit brachte Samir, welcher von dem Regen kaum etwas abbekommen hatte, ein paar Handtücher. Während sich jeder die Haare trocknete, kicherten sie noch immer über das kleine Abenteuer.
Dima musste bedauerlicherweise feststellen das er wieder nach Hause fahren musste um sich umziehen zu können. Julia schmollte betrübt mit den Lippen und nahm tief Luft, bevor sie schließlich vom Boden aufstand und die Skates zur Seite legte.
Als Viktoria das gehört hatte, wollte sie wissen ob er im Anschluss wieder kommen wird. Dima schüttelte seinen Kopf. Zugleich versprach er, wenn er wieder etwas Zeit haben wird sie erneut zu besuchen. Das Mädchen nickte erfreut.

"Geh' in dein Zimmer und ziehe dir was neues an bevor du noch krank wirst...", befahl die Mutter im leicht besorgten Tonfall. "...und hilf deinem Bruder. Samir soll sich auch umziehen!"

"Ja!", antwortete Viktoria mit einem kräftigen Nicken und verabschiedete sich mit winkender Hand von dem Sänger. "Tschüss Dima! Bis bald!"

Der junge Mann lächelte und zwinkerte der Kleinen mit beide Augen zu. Sein hoch erfreuter Gesichtsausdruck veränderte sich rasch, alsbald Viktoria im Zimmer verschwand.

"Jul?", sprach er plötzlich, im ungewohnt ersten Ton.

Als die blauen Augen neugierig sein Gesicht musterten, schluckte er nachdenklich und suchte nach den passenden Worten.

"Was?", fragte Julia und kniff ihre Augen zusammen nachdem sie spürte das er etwas wichtig mitteilen wollte.

Ein letztes Mal nahm er Luft, bevor er erzählte von wem die Blumen wirklich waren. Julia schmunzelte flüchtig, da sie schon eine Vorahnung hatte. Aufgrund seiner bedrückten Stimmung verriet ihr fordernder Blick, dass sie auf eine weitere Erklärung wartete.
Dima verdeutlichte mit viel Sanftmut seine Vermutung warum Samir so sehr darauf bestanden hatte das er ihr die Blumen überreichen sollte.
Das er dem Jungen jedoch keine falschen Hoffnungen machen wollte, löste geradezu einen unerträglichen Schmerz in ihrem Herzen aus.
Julia hatte binnen Sekunden jegliche Kraft und Mut verloren das Thema zu vertiefen. Sie sah Dima ungläubig. Zugleich kämpfte sie mit ihren Tränen.
Als er in die traurigen Augen sah, nahm Dima ihre Hand und streichelte kurz mit dem Daumen über den Handrücken. Er selbst war ebenfalls von der Situation ergriffen und konnte den Anblick ihres bekümmerten Gesichts kaum ertragen.

"Du kennst Samir besser als ich. Ich möchte nur das du ihm erklärst wie die Situation zwischen uns beiden ist. Du weißt doch selbst wie schwierig eine feste Beziehung sein könnte. Ich bin soviel unterwegs und habe ständig einen vollen Terminkalender. Mit fünf Jahren sieht er nur das Bild einer Familie. Vater und Mutter. Ich würde es bedauern wenn der Junge zu viel Hoffnung in mich, in uns,  steckt und am Ende mit einer Entäuschung leben müsste. Auch du weißt, dass ich nicht immer für euch da sein kann."

Julia nickte verständnisvoll und atmete kräftig durch die Nase ein um weitere Tränen unterdrücken zu können. Auch wenn sie Angst vor der Antwort hatte wollte sie wissen, ob es überhaupt Hoffnung auf eine Beziehung gibt. Sie hielt einen Moment inne als er verstummte und den Blick auf seine Finger richtete, welche noch immer ihren Handrücken streichelten.

"Ich habe noch keine Frau getroffen welche so attraktiv, humorvoll und zugleich so von Liebe erfüllt ist. Du hast die Fähigkeit mir die nötige Kraft im Alltag zu geben. Du machst mich sehr glücklich, Jul. Meine letzte Beziehung hat jedoch so sehr unter meinem Beruf gelitten, dass ich eben nicht noch einmal den gleichen Fehler machen will. Ich habe dir davon erzählt und ich würde es mir selbst nicht verzeihen können, dich zu verletzen."

"Dafür ist es womöglich schon zu spät...", unterbrach Julia mit leicht zitternder Stimme.

Dima überlegte, alsbald er schließlich mit einem Nicken zustimmen musste. Seine warmen Worte waren so ergreifend und es zeigten deutlich das er ebenfalls mehr für sie empfand. Umso schwerer war das Verständnis dafür, dass Dima zurückhaltend und eisern blieb sobald es ernster wurde. Warum konnte er ihnen nicht einfach eine Chance geben. Bei diesem Thema nahm der Schmerz ohnehin zu und das ständige Verlangen nach mehr wurde unerträglicher. In wenigen Sekunden hatte sie unzählige Vorstellungen. Ihr Herz kämpfte förmlich mit dem Verstand.
Kleine Tränen liefen an ihrer Wange hinab bei dem Gedanken daran, diesen Mann nie wieder so berühren zu dürfen wie sie es wollte. Ihm nicht zeigen zu können was sie für ihn empfand.
Zum ersten Mal spürte sie diese unerträgliche Angst ihn zu verlieren. Wortlos nahm sie Dima in den Arm, drückte sich fest an seinen Körper und streichelte beruhigend über ihren Rücken.

"Es tut mir leid. Ich wollte den wunderschönen Tag nicht so enden lassen, aber..."

"...ist schon ok..", unterbrach Julia schluchzend und sah zu ihm hinauf.

"Du hast ja Recht. Ich werde mit den Kindern reden. Du wirst sie nicht enttäuschen können, egal was zwischen uns sein wird. Versprochen..."

Auch wenn er regelrecht erleichtert darüber war das zumindest ein Problem gewissermaßen gelöst war, hatte Dima noch immer eine kleine schluchzende Frau vor sich, die sichtlich von seiner Anmerkung aufgewühlt war. Mit dem Daumen strich er die Tränen von der Wange und versuchte sie mit einem Lächeln etwas aufzumuntern.

"Jul...du bist sehr modebewußt und du kannst jede Art von Kleidung und alle Farben tragen. Tränen hingegen, stehen dir nicht."
Über diese Aussage musste sie schmunzeln und nahm zur Beruhigung tief Luft.

"So ist es schon besser. Es ist doch nichts passiert. Ich wollte nur das du mit deinem Sohn über uns sprechen sollst. Nichts wird sich erst einmal ändern. Es tut mir wirklich leid das ich so unentschlossen bin. Ich wünsche mir selbst nichts sehnlicher, als das ich meine Meinung ändern und all die Zweifel sofort auslöschen könnte."

Julia nickte achtsam und ihr Gegenüber verstummte als sie sich erneut wortlos in seine Arme drückte. Da der Tag unglaublich schön war, wollte sie nur ungern das Thema intensivieren. Sanft küsste er ihren Kopf.
Die Brünette blickte hinauf zu ihm, wusch sich die letzten Tränen aus dem Gesicht und ein gehemmtes Lächeln kam über ihre Lippen.

"Du solltest jetzt gehen, sonst wirst du krank!", flüsterte sie mit bedrückter Tonlage und legte das Handtuch um seinen Hals.

Dima nickte und gab der jungen Frau zum Abschied einen Kuss auf die Stirn. Nachdem er die Wohnung wortlos verließ, schloß sie die Tür. Langsam glitt ihre Hand an der Tür entlang. Einen kurzen Moment hielt sie inne und nahm tief Luft. Zwei Wochen wird es nun dauern bis sie Dima wieder sehen wird. Bei dem Gedanken daran das sie Dima nun zwei Wochen nicht sehen wird, began sie seine Zweifel an einer Beziehung zu verstehen. Da sie ihn schon jetzt vermisste, musste sich die Sängerin ablenken um den Schmerz der Sehnsucht etwas zu lindern. Aufgrund des zeitnahen vollen Terminkalenders schien es kein Problem zu sein ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.





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