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Lubov Suka (GERMAN Kapitel 34)



Author: Dvizheniya
Genre: Romantic, Comedy, Drama

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Kapitel 34


Am frühen Morgen fuhr Julia mit ihrer Konzertdirektorin nach Barvikha. Der Stadtteil war etwa 18 km von Moskau entfernt. Das sogenannte 'luxuriöse Dorf' verknüpfte das Hotel, indem sich die Sänger in den kommenden Tagen aufhalten werden, mit einer bekannten Fußgängerstraße. Dort gab es weltweit renommierte Boutiquen sowie Autohäuser, Gourmetrestaurants und eine Konzerthalle. Außerdem bot die Passage alle wichtigen Namen in der Welt der Mode und hatte ausreichend Angebote von Weltklasse Sammlungen an Schmuck und Uhrenmarken.

Dort sollte nicht nur ein weiterer Meilenstein ihrer Karrieren gelegt werden. Auch eine emotionale Hürde war zu überwinden, da sie gemeinsam mit Dima das Video zu ihrem Song 'Lubov Suka' drehen musste.
Gleich vor dem fünf Sterne Hotel parkte Julia ihren Porsche worauf Katja sofort ausstieg um Kontakt mit dem Hotelpersonal aufzunehmen, die das Gepäck auf die Zimmer bringen sollten.
Die Sängerin hingegen saß noch immer so gedankenverloren hinter dem Steuer, dass sie beim Zuschlagen der Autotüre einmal kurz zusammen zuckte. Katja gab der jungen Frau ein Handzeichen, dass sie ins Hotel gehen wird. Julia antwortete nickend, mit einem aufgesetzten Lächeln.

Die unzähligen Luxuskarossen auf dem Parkplatz waren ein Zeichen dafür das ihr Gesangspartner ebenfalls schon vor Ort war. Bei dem Gedanken daran Dima gleich gegenüber stehen zu müssen, verursachte unangenehme Bauchschmerzen. Julia überlegte wie sie ihn am besten ansprechen sollte. Einen kurzen Augenblick dachte sie darüber nach so zu tun, als ob nichts passiert sei. Ob es jedoch so einfach war das Verhalten in die Tat umzusetzen war fraglich. Nach langem Überlegen entschied sich die Frau dazu ihn neutral zu behandeln und seine Reaktionen genaustens zu beobachten. Es blieb ihr die Hoffnung die unangenehme Wahrheit selbst herauszufinden.

Kaum verließ Julia ihr Auto entdeckte sie Dima in der Hotellobby und wünschte sich zum ersten Mal ihr Gepäck selbst auf das Zimmer zu bringen um Kontakt zu vermeiden.
Obgleich das Weglaufen vor einer Aussprache sinnlos wäre. Mit einem knappen 'Hi!' begrüßte sie ihren Gesangspartner. Ihre Blick wanderte nervös durch die Lobby um den Augenkontakt umgehen zu können.
Dima antwortete im gleichen Tonfall und verhielt sich so distanziert das schon jetzt klar wurde, wie schwierig es sein wird mit ihm ein normales Gespräch zu führen. Er wirkte unzugänglich und weitaus nervöser als die Brünette. Auch Dima schenkte ihr zu Anfang nicht eine Sekunde Beachtung. Während sein Daumen mehrmals völlig vergebens über das iPhone Display flogen, bedauerte Julia insgeheim das sie nicht einfach dasselbe getan hatte, als sie die Lobby betrat. Mit dem iPhone hätte sie einfach gedankenverloren hinter Katja gehen und somit Dima regelrecht ignorieren können.

 "Hast du dein neues Video auf Cuba erfolgreich abgeschlossen?", fragte Dima plötzlich mit einer vernehmlichen Kälte in der Stimme und riß die junge Frau völlig aus ihren Gedanken.

Offenbar suchte er doch den Kontakt. Julia nickte. Einen kurzen Moment konnte man den Stolz in ihren Augen ablesen als sie sich an das Video und das wunderbare Land Cuba erinnerte. Allerdings wurde die Sängerin augenblicklich wieder ernst als sie im gleichen Moment in seine kühlen Augen sah. Es war eine unerträglich bedrückte Stimmung. Beide standen spürbar vor einem emotionalen Trümmerhaufen. Nicht nur Julia fiel es schwer die passenden Worte für ein Gespräch oder gar eine Aussprache zu finden. Die quälende Unwissenheit schien weiter zugehen als er von Yana zu einem Interview aufgerufen wurde und mithin wortlos verschwand.

"Kommst du später ins Restaurant zum Essen? Wir sind in etwa einer Stunde dort", fragte Yana hoffnungsvoll, die von all dem Chaos sichtlich zunächst nichts ahnte. Julia starrte sie mit leerem Blick an, fand zunächst keine Antwort auf die gestellte Frage. Wenn es eines ist was sie vermeiden wollte, dann war es ein scheinheiliges Zusammensitzen mit dem Mann, welcher sie vor wenigen Tagen betrogen hatte.

 "Vielleicht...ich habe noch keinen Appetit...", sagte Julia. Ihre Stimme klang ungewohnt zurückhaltend das Yana gleich hinterfragte, ob alles in Ordnung sei.
Das wortlose Nicken war für die Managerin hingegen nicht überzeugend genug.

 "Sicher?" 

 "Ja...", antwortete Julia.

Auch wenn ihr argwöhnisches Verhalten viel Zweifel aufbrachte, versuchte Julia im gleichen Moment so gut gelaunt wie nur möglich zu wirken. Ob sie damit Erfolg hatte wußte sie nicht. Yana nickte mit einem Lächeln und folgte Dima schließlich in den Konferenzraum, in welchem das Interview stattfand.
Gerade als Julia in Richtung Aufzug steuerte, entgegnete ihr der Produzent des zukünftigen Videos von 'Lubov Suka'. Nachdem er sich kurz bei dem Star vorgestellt hatte, bekam Julia das Script des Videos überreicht. Der Produzent verabschiedete sich innervierend von der Sängerin.
Julia sah selbstvergessen auf die beiden Blätter, überflog nur ein paar Worte und ging in kleinen Schritten weiter zum Aufzug wo Katja schon auf sie wartete.
In diesem Moment war es kaum vorstellbar ein gemeinsames Video mit Dima zu drehen. Wie sollte es nur möglich sein sie mit dieser bedrückten Stimmung zusammenarbeiten?

Julia zuckte einen Augenblick zusammen, als sie den ernsten Gesichtsausdruck ihrer Konzertdirektorin sah. Nur mit der Geste drückte Katja wortlos ausreichend aus um die Brünette von ihren Gedanken lösen zu können. Damit sich die Blondine nicht wieder aufbraust, versuchte Julia so selbstbewußt wie nur möglich zu wirken. Unglücklicherweise konnte man ständig die Launen und ihr Gemüt im Gesicht ablesen. Überraschenderweise sprach Katja sprach sie nicht an. Ein Grund hierfür war sicher der, das Julia am Ende keine andere Wahl hatte als mit Dima zusammen zu arbeiten. Aufgrund des baldigen Videodreh mussten die Sänger miteinander harmonieren. Ob sie es wollten oder nicht.

"In zwei Stunden auf dem Parklatz vor dem Hotel!", sprach Katja in ruhiger jedoch mit einem bestimmenden Ton und gab ihr die Karte für das Hotelzimmer.

Es schien als ob Katja die schwierige Situation in vollen Zügen auskosten würde. Das schroffe Kommandieren war nicht ihre Art da sie wusste, dass Julia sich ungern delegieren lässt. Wenn man ihre Managerin war, brauchte man eben für die Zusammenarbeit ein gewisses Fingerspitzengefühl. Die Blondine kannte Julia allerdings lange genug um mit ihren Allüren umgehen zu können.

Im Hotelzimmer angekommen, steckte Julia die Karte in den Slot. Im Hintergrund surrte leise die Klimaanlage auf niedrigster Stufe und schenkte dem Gast einen angenehmen kühlen Aufenthalt. Für das sogenannte 'luxuriöse Dorf' in welchem sich das Hotel befand, war das Zimmer recht schlicht eingerichtet. Das Bad war vergleichsweise klein. Umso größer der Wohn- Schlafraum. Ein weißer Baumwollteppich verzierte den hellbraunen Parkettboden. Passend dazu waren die Wände schlicht in weiß gehalten. Nur die untere Holzbordüre ließ das Zimmer nicht wie ein steriles Krankenzimmer wirken. Am Fenster befand sich ein grünes Sofa mit einem runden Beistelltisch aus Metal. Vor dem Doppelbett stand ein Flachbildfernseher und eine überaus große Stehlampe.

Bei dem Blick auf den blaufarbenden Sportrucksack gleich an dem Bett kehrte das unwohle Gefühl in der Bauchgegend wieder. Julia konnte sich nicht daran erinnern mit Katja je ein Bett geteilt zu haben. Außerdem hatte keine der beiden Damen auf Tour je einen Sportrucksack bei sich. Sie runzelte die Stirn und blickte kurz auf die bereits geöffnete Tasche. Die dort sichtbare Hugo Boss Unterwäsche genügte um zu verstehen wem die Sachen gehörten.

Die unwissende Yana lag nun mit ihrer philanthropischen Art verkehrt. Das Buchen eines gemeinsamen Zimmers mit Dima war sicherlich gut gemeint. Im gleichen Augenblick jedoch der wohl ungünstigste Zeitpunkt um ein Bett mit Dima teilen zu wollen.

Julia setzte sich leicht niedergeschlagen auf die Bettkante und starrte ununterbrochen auf seine Tasche. Einen kurzen Augenblick dachte sie darüber nach ob es nicht besser wäre auf eigene Kosten ein Zimmer zu reservieren. Womöglich wäre es sehr unhöflich gegenüber Yana, die sichtlich nur das beste für die frische Romanze wollte.
Julia ertappte sich selbst dabei wie sie ununterbrochen an ihren Händen rieb. Ihre eröteten Fingerknöchel schmerzten. Um ihre Nervosität besser ertragen zu können, nahm Julia ein Kaugummi aus der Handtasche und steckte sich gleich zwei Stück in den Mund. Die junge Frau blickte zum Fenster, wickelte immer wieder eine Locke um ihren Finger und kaute unruhig auf dem Kaugummi. Da an ein gemeinsames Essen mit Dima im Hotelrestaurant nicht zu denken war, entschied sich Julia im Fernsehprogramm zu zapen, auch wenn nicht eine der unzähligen TV Shows sie vollkommen ablenken konnten.
Jeden Nachmittag lief der Disney Channel zu Hause im Hintergrund, welchen ihre Kinder mit großer Leidenschaft sahen. Julia wusste nicht ob es die Gewohnheit war, dass sie gerade bei diesem TV Programm hängen blieb oder ob gerade die einfältige Art einer Kindersendung, wenigstens für einen Moment, ihre Probleme vergessen ließ.

In der Werbepause öffnete Julia ihren Koffer, nahm das Make Up und eine Flasche Haarspray heraus und ging damit ins Bad um sich etwas aufzufrischen. Schon jetzt überlegte die Sängerin wie sie für das Video aussehen soll.  Julia war nach einer Weile völlig vertieft mit dem Schminken ihres Gesichts, dass sie zuerst nicht bemerkte das Dima das Zimmer betrat. Erst als er die Tür schloss, zuckte die junge Frau kurz zusammen.

Er schien von seiner neuen Zimmergenossin ebenfalls nichts zu wissen. Es war eindeutig in seinem entsetzten Gesicht abzulesen als er ins Bad blickte und Julia vor dem Spiegel sah. In Sekunden lag wieder die spürbare Spannung in der Luft. Seine zwecklosen eiligen Schritte durch das Zimmer ließen erahnen, dass Dima ebenfalls nervös wurde.
Beim Verlassen des Badezimmers erklärte Julia zaghaft den Grund für ihre Anwesenheit, was den Sänger sichtlich erschaudern ließ. Sein Blick wanderte hektisch über den Boden. Als überfluteten ihn unzählige Gedanken und Emotionen, griff er fluchtartig nach seinem iPhone und setzte sich auf das Sofa. Dabei murmelte er wieder unverständliche Worte, was nicht daran lag das die Unterlippe von seinem Daumen bedeckt war.
Nervös presste Julia ihre Lippen aufeinander während sie Dima nachdenklich ansah. Es war schwieriger den je ein Gespräch anzufangen.
Gerade als sie dachte die passenden Worte gefunden zu haben, stand der Sänger auf und nahm ein paar Utensilien aus seinem Rucksack. Wortlos huschte er an ihr vorbei. Dima steuerte zur Tür.

"Ich kann mir auch ein anderes Zimmer holen..."

Er hielt einen Moment inne, blickte zu Boden.  Desinteressiert zuckte er mit den Schultern und antwortete in murrender Tonlage, dass derzeit alle Zimmer im Hotel belegt sind.

Offensichtlich hatte er seiner Managerin eine Nachricht geschrieben um nachzufragen, ob er in einem anderen Zimmer übernachten könnte. Das er beim Betreten des Zimmers ohne zu Zögern gleich nach seinem iPhone griff, nachdem er festgestellt hatte das er mit Julia die kommenden Tage ein Bett teilen muss, war eindeutig. Es schien ihm durchaus unangenehm zu sein die junge Frau in seiner Nähe zu haben. Julia verspürte innere Wut und Trauer zugleich und verstand nicht, warum er sie in der Unwissenheit lässt. Am liebsten wäre Julia hinterhergelaufen um ihn zur Rede zu stellen. Für ein solch seriöses Gespräch, brauchte man jedoch Zeit und es wäre zwecklos ein derartiges Problem flüchtig zu besprechen.

In einem schwarzen Mercedes ging es später über die Krasnogorskoye Chaussee zu einem naheliegenden abgelegenen Waldstück, wo die ersten Szenen des Clips gedreht werden sollten. Das Kamerateam war schon vor Ort und arbeitete an der Kulisse. Der Kunstnebel sollte eine geheimnisvolle Ambiente für das Video bieten, erwies sich hingegen als einen großen Aufwand den dichten Nebel zwischen den Bäumen beisammen zuhalten.
Bevor die Dreharbeiten losgingen, stieg Julia in einen der drei Wohnwagen, welche für das ganze Team bereit standen, um sich dort umzuziehen und von der Visagistin das Make Up und die Frisur perfektionieren zu lassen. Ihr langes schwarzes Haar wurde locker zusammengebunden und die wilde Strähnen welche über das Gesicht fielen, verpassten der Sängerin ein freches Aussehen. Aufgrund ihrer gebräunten Haut hob sich die schwarze Lederweste und das Jeansskirt erstklassig an ihrem Körper ab. Die entspannten Gespräche mit dem Team vor Ort konnte ihre bedrückte Stimmung etwas lindern.

Am Set spielte Julia die selbstbewusste Frau um von ihrem Zorn ablenken zu können. Sie alberte herum, machte Scherze und lachte. Auch wenn sie im Innern wusste, dass sie sich dabei selbst etwas vormacht.
Dima schien diesbezüglich weniger talentiert zu sein. Es war in seinem Gesicht geschrieben das er weniger erfreut darüber war, nun den Clip mit ihr drehen zu müssen. Der junge Mann gab dem Team grobe, mürrige Antworten und wisch seiner Kollegin ständig aus. Offensichtlich wollte er jede Art von Kontakt vermeiden.
Anbei brachte sein Verhalten auch viel Skepsis. Sollte er eine heimliche Affäre mit einer anderen Frau haben, wäre er womöglich besser gelaunt. Julia verspürte ein wenig Schadenfreude bei dem Gedanken, dass die Lady ihn nach dem Abenteuer sitzen gelassen hat.

Beide Stars drehten zunächst ihre Szenen im Wald unabhängig voneinander. Nach fast zwei Stunden der Dreharbeiten war Dima überraschenderweise etwas besser gelaunt. Er schenkte der Sängerin noch immer wenig Beachtung, bemühte sich aber nun ihren Kontakt nicht vollends zu vermeiden.
Die bisher gedrehten Szenen waren auf den PC gezogen und nicht nur die Sänger waren neugierig auf das Ergebnis. Julia war erstaunt das Dima sich gleich neben sie gestellt hatte.

" Hast du deine Szenen fertig? " , wollte Julia wissen.

Obgleich ihre Frage sinnwidrig war, da sie die Antwort schon wusste, versuchte sie seine gute Laune auszunuzten um erneut mit ihrem Gesangspartner ins Gespräch zu kommen.
Er nickte und antwortete unerwartet in einem normalen Ton. Um etwas mehr aus ihm herauszuholen, lächelte sie den jungen Mann freundlich an. Daraufhin blickte Dima  wieder zurückhaltend zu Boden. Seine Stimmung wurde wieder angespannter als sie sich für die erste gemeinsamen Szene vorbereiten sollten und eine kurze Anleitung bekamen.

Insgeheim erhoffte Julia sich , das sie den Kuss vortäuschend echt wirken lassen konnten ohne das der spannende Moment eine Explosion der Gefühle zur Folge hatte. Schließlich hatten beide Sänger genügend Erfahrung wenn es darum ging, eine Person im Clip zu küssen.
Auf Kommando rannten sie an einen Baum und binnen Sekunden presste Dima sich rücksichtslos gegen ihren zierlichen Körper. Ihre Hoffnung auf einen gespielten Kuss wurde förmlich zerschmettert.
Noch nie hatte Dima sie auf solche machthaberische und grobe Weise geküsst. Es schien als ob er in diesem Moment all seine angestaute Frustration und Wut mit seinem Mund und Zunge an ihr abließ. Sie war sicher, dass der Kuss auf diese Art nicht in dem Script gestanden hatte.  Um Dima nicht noch einmal küssen zu müssen wollte die junge Frau den Moment für die Aufnahme perfektionieren. Es war ein reinstes Fingerspitzengefühl, da sie völlig überfordert mit seiner Handlung und ihren eigenen Emotionen war.
Julia vergrub stürmisch eine Hand in sein Haar, versuchte die schnell rotierenden Zunge in ihrem Mund zu bändigen um Dima sanfter küssen zu können. Doch sie scheiterte, da er im gleichen Augenblick gnadenlos ihre Handgelenke umfasste und die weiterhin dominierend gegen den Baum drückte. Verzweifelt presste Julia gierig ihre Lippen auf seine.
Man hätte es als einen äußerst leidenschaftliche und heiße Knutscherei betiteln können. Doch die Situation war tiefgründiger.

Kaum hatte sie etwas die Kontrolle übernommen mussten sie den Kuss auf Kommando des Kamerateams beenden. Dabei stieß Julia den jungen Mann rücksichtslos mit voller Kraft von sich weg. Dima rieb mit der Handfläche über seinen feuchten Mund und blickte sie erbittert an.

Sein dunkler starrer Blick verriet das er mit diesem dominanten Kuss sein Ziel erreicht hatte und sein Gemüt nun ebenfalls zu zufrieden war. Wortlos drehte er ihr den Rücken zu und verschwand aus dem Hochbetrieb zwischen Regie und Kameraleute. Julia hingegen fühlte sich gedemütigt von seiner unerwartet groben Art.

Während das Team das gesamte Filmmaterial des heutigen Tages auf einen Laptop zog um zu prüfen, ob die bisherigen Szenen erneut gedreht werden müssen, ging Julia zurück in den Wohnwagen. Um sich von Dimas Erniedrigung zu beruhigen, setzte sie sich an den Tisch und versuchte sich mit den  unzähligen liegenden Kosmetikutensilien abzulenken, indem sie diese begutachtete oder ausprobierte. Doch sie war noch immer erschüttert von Dimas ungewöhnlichen Umgangs während der Dreharbeiten.
Er bekam was er wollte und sie hatte nicht den Hauch einer Chance. Was hatte sie ihm getan das er sie plötzlich auf solche taktlose Art behandelt? Waren es die fragwürdigen Bilder aus Cuba die ihn reizten? Dafür war sein gegenwärtiges Verhalten zu exzessiv oder Dima war in Wirklichkeit krankhaft eifersüchtig. Julia spürte einen kalten Schauder durch ihren Körper bei der Vorstellung, dass Dima in eine andere Frau verliebt sein könnte und sie nun auf gefühlskalte Art loswerden möchte.
Erst als Katja ihr ein Schinkensandwich auf den Tisch lag, wurde die junge Frau aus ihren negativen Gedanken gerissen. Sie bedankte sich bei ihrer Konzertdirektorin mit einem aufgesetzten Lächeln. Während sie das Sandwich auspackte, blickte sie aus dem kleinen Fenster. Sie hatte direkten Blick auf das Team und ihre Regie. Erst beim genaueren Hinsehen, entdeckte sie Dima wie er abseits von der Kulisse auf einer Bank saß und blickte einsam ins Leere.  Er wirkte nachdenklich und erbittert zugleich. Sein ausdrucksloses Gesicht war angespannt. Bei diesem ungewöhnlichen Anblick fragte sich Julia, was gerade in seinem Kopf vorging. Das Ungewisse wurde regelrecht zur Qual.
Mit einem Sandwich in der Hand, ging die Sängerin schließlich aus dem Wohnwagen und steuerte  auf Dima zu. Noch immer verhaarte er regungslos auf der Bank und zupfte gedankenverloren mit den Fingerspitzen an der Verpackung seines Mittagsessens.
Auch wenn er sie verletzt hatte, verspürte Julia Mitleid. Noch nie hatte sie ihn mit solch einer ernsten und bedrückten Miene gesehen. Die Möglichkeit bestand, dass er seine Affäre zutiefst bereut. Erneut biß sie ein Stück ihres Sandwich ab, setzte sich gleich neben ihn und suchte nach den passenden Worten.

"Was ist los mit dir?", wollte die junge Frau wissen.

Das Kauen schien sie durchaus etwas zu beruhigen. Somit biß sie erneut herzhaft in das Sandwich und sah ihren Gesangspartner fragend an.

"Das gleiche könnte ich dich fragen...", murmelte Dima vorwurfsvoll. Seine Worte klangen kindlich und hilflos zugleich.

"Wieso?", hinterfragte sie.

Zuerst zuckte er trotzig mit den Schultern, zupfte weiterhin an der Folie und hatte noch nicht einmal ein Stück seines Snacks gegessen.

"Macht es dir Spaß mich zu verletzen?", fragte er ernst, vermied jedoch noch immer Augenkontakt und starrte weiterhin auf den Boden.

In diesem Moment musste sich Julia zusammen reißen, nahm tief Luft um nicht ausfallend zu werden oder weinen zu müssen. Schließlich war er es, der sie betrogen und somit verletzt hatte.

"Wieso habe ich dich verletzt? Was habe ich deiner Meinung nach getan?"

"Ich verstehe das du Freiheiten brauchst und Neigungen zu Frauen hast. Du musst dich aber nicht gleich provokant und nackt mit deiner Kollegin am Strand fotografieren lassen. Ich bin ja eigentlich nicht eifersüchtig. Aber ich kann es nicht verstehen warum du ausgerechnet mit deinen Exfreund nach Cuba fliegst. Ich will nicht den besitzergreifenden Liebhaber spielen. Aber eines ist sicher, das Vertrauen ist gebrochen. Warum hast du mir von all dem nichts erzählt? Es ist nicht das erste Mal das du sehr viel Zeit mit ihm verbringst. Ich weiß nicht einmal, in welchem Verhältnis du jetzt zu Vladim stehst. Du bist eine sehr offenherzige Frau. Das weiß ich. Ich habe aber kein Verständnis dafür das du nackt mit Vladim am Pool relaxt und er dich so innig umarmen darf wie es eigentlich als Exfreund unüblich ist. Du hattest sichtlich jede Menge Spaß auf Cuba gehabt."

Julia musste sarkastisch lachen, was Dima im Innern noch mehr empörte. Sie schüttelte fassungslos den Kopf.

"Auch wenn Vladim und ich eine sehr enge Freundschaft haben, heißt es noch lange nicht das wir Sex hatten. Noch immer ist er ein sehr guter Freund und ich froh das er an meiner Seite war.  Du redest von Vertrauensbruch. Dann frage ich mich was du getan hast..."

Zum ersten Mal seit Beginn der Unterhaltung hob Dima seinen Kopf und blickte in die vor Enttäuschung und Wut kochende Augen. Er musterte ihr Gesicht.

"Warum wirfst du mir vor das ich dein Vertrauen gebrochen haben soll?"

"Weil es so ist..."

"Wann und wie soll ich das getan haben?"

Julia regte sich nicht, starrte ausschließlich ihrem Gegenüber in die fragenden Augen. Auch wenn sie es von ihm hören wollte, sprudelten schließlich unaufhaltsam ihre Worte aus dem Mund. Gespannt wartete sie auf seine Reaktion als sie beinahe flüsternd mitteilte, was sie vor seiner Garderrobe gehört hatte. Dima runzelte seine Stirn. Sein Verhalten zeigte deutlich das er verwirrt über diese Anschuldigung war. Ungläubig lehnte er sich zurück und nahm langsam das Sandwich aus der Verpackung.

"Ich habe dich nicht betrogen. Während du dich auf dem Festivalgelände aufgehalten hast, hatte ich meinen Soundcheck. Außerdem habe ich dich gerufen als du Yana das Macbook überreicht hast. Abgesehen davon das ich leider zu weit weg gestanden habe, war es zu laut."

Julia hatte das Gefühl das sie binnen Sekunden völlig bleich anlief. Wenn er nicht in der Garderrobe war, würde es bedeuten das er tatsächlich keine Affäre hatte und somit alle Sorgen welche sie auf Cuba hatte umsonst waren. Trotz das seine Worte ernst klangen, wollte sie mehr wissen. Plötzlich lachte Dima los und schüttelte ungläubig seinen Kopf.


"Das war sicherlich der verrückte Bruder meines Drummers. Der Bengel ist 20 Jahre alt und hat nur Blödsinn im Kopf. An diesem Tag war er mit uns auf dem Festival. Er ist regelrecht süchtig nach pornografischen Filmen. Offensichtlich war sein Laptop zu laut als er alleine in der Garderobe saß. Ich kann es nicht fassen das du geglaubt hast, dass ich eine Affäre hätte..."

"Ich auch nicht...", antwortete Julia entsetzt und blickte mit weit aufgerissenen Augen einfach nur geradeaus.

Sie war perplex und erstarrte förmlich aufgrund der Wahrheit. Doch die Tatsache das sie Dima nahezu absichtlich mit den Fotos auf Cuba verletzt hatte, war unwiderruflich. Es war ein Missverständnis. Sogar ein recht amüsantes Missverständnis wenn von den Folgen absehen könnte. Alle Sorgen und Gedanken waren umsonst. Zurückblickend war sie zu dem Zeitpunkt derart verletzt, dass an ein Gespräch mit Dima nicht zu denken war. Nun quälten sie weitere Fragen. Warum hatte sie Zweifel an ihm? Warum hätte er sie betrügen sollen? Dima bemühte sich stetig die Beziehung aufrecht zu erhalten, sah die Dinge nicht mehr so engstirnig und war in der Lage die aufkommenden Probleme aus seiner vorigen Beziehung u vergessen. Julia fühlte sich schlecht und erleichtert zugleich.

Langsam drehte sie ihren Kopf und sah Dima, mit ihrem noch immer ungläubigen Blick, an. Einen Augenblick musterte sie sein Gesicht. Die Aussprache schien auch ihn sichtlich zu beruhigt zu haben. Seine Gesichtsmuskeln waren nicht mehr angespannt, doch das unaufhörliche Funkeln in seinen Augen musste Julia nun zurückgewinnen.
Sie nahm rasch seine Hand und beobachtete wie sie selbst mit dem Daumen über seinen Handrücken auf und ab fuhr.

"Es tut mir leid. Ich weiß nicht warum ich nur eine Sekunde daran verschwendet habe zu glauben das du mich betrügst. Als ich die Töne aus der Garderobe gehört habe, konnte ich es selbst nicht fassen. Trotzdem, im ersten Moment gab es für mich keine andere Erklärung. Niemals hätte ich vermutet das es sich nur um einen Porno handeln würde. Das ist ungewohnt....und eigentlich ...wenn man darüber nachdenkt ...ist es auch völlig absurd...So etwas ist mir noch nie passiert..."

Dima nickte verständnisvoll. Auch wenn er, trotz Julias Entschuldigung, noch immer etwas zerstreut war. Er nahm seine Hand aus ihrer und begann schließlich sein Sandwich zu essen.
Julia räusperte sich leise und blickte auf das letzte Stück ihres Snacks. Nun war ihr völlig der Appetit vergangen, rang sich dennoch dazu den Rest ebenfalls zu verspeisen. Dima war ebenfalls verletzt. Womöglich war es der Grund warum er sie bei den Dreharbeiten so grob behandelt hatte. Auch wenn Julia noch immer gekränkt war, wollte sie nicht weiter darauf eingehen. Schließlich war er unschuldig und das unangenehme Missverständnis hatte so viel Aufruhr mit sich gebracht, dass ihr Gesangspartner spürbar mit der Situation völlig überfordert war. Zurückblickend musste Julia eingestehen, dass der ungezähmte Kuss sehr leidenschaftlich war. Sein impulsives Auftreten verdeutlichte erkennbar das sie zu ihm gehörte.  

Sie beobachtete wie Dima schließlich wortlos aufstand und sich auf den Weg zurück zum Kamerateam machte. Über die Aussprache musste auch er erst einmal verarbeiten.
Julia seufzte und zerknüllte die Verpackung in ihren Händen, alsbald die Regie sie nach der Pause herbei rief.
Es war schon fast voraus zu ahnen das sie einige ihrer Szenen am Ende nochmal neu aufnehmen musste. Es war sichtbar das die Sängerin bei den vorigen Aufnahmen unkonzentriert war.



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